EnEff:Wärme – MeFlexWärme
Zur Begrenzung des Klimawandels ist eine rasche Dekarbonisierung der Energieversorgung notwendig. Der Wärmesektor stellt als größter Endenergieverbraucher hierbei ein zentrales Handlungsfeld dar. Aufgrund begrenzter Potenziale erneuerbarer Wärmequellen wird CO2-arme Wärme in Zukunft im Wesentlichen durch die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung bereitgestellt werden (Power-to-Heat). Aber auch im zukünftigen Stromsektor spielt Power-to-Heat eine wichtige Rolle. Da Wärme verhältnismäßig einfach und kostengünstig gespeichert werden kann, entsteht so ein großes Flexibilitätspotenzial bei der Stromnachfrage. Beispielsweise könnte zu Zeiten mit viel Wind große Mengen Wärme erzeugt und gespeichert werden, welche dann auch zu Zeiten mit geringem Windaufkommen zur Verfügung ständen.
Ein wesentliches Hilfsmittel für die Erschließung dieser Flexibilitätspotenziale stellen Wärmenetze dar. Durch das Verbinden verschiedener Komponenten ermöglichen sie, je nach Verfügbarkeit, einen flexiblen Ausgleich zwischen Wärmeerzeugern, Speichern und Verbrauchern. Für den Betrieb der Netze bedeutet dies, dass sie nicht mehr als reine Verteilnetze für Wärme aus gleichmäßig betriebenen Großkraftwerken eingesetzt werden.
Während die Flexibilisierung der elektrischen Netze bereits seit einigen Jahren vorangetrieben und erforscht wird (Stichwort "Smart Grids"), besteht im Bereich flexibler Wärmenetze noch großer Aufholbedarf. Mit dem Projekt EnEff:Wärme – MeFlexWärme werden daher neue Konzepte und Methoden für die drei Forschungsbereiche „Netztransparenz“, „Flexibilitätsteuerung“ und „mathematische Optimierung“ jeweils im Bezug auf Wärmenetze entwickelt und erprobt.
Grundlage für den flexiblen und optimierten Betrieb der Wärmenetze ist ein möglichst genauer Kenntnisstand über die wesentlichen Zustandsgrößen Druck, Temperatur und Durchflussvolumen für jedem Zeitpunkt und Ort im Netz. Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Netztransparenz ist die Instalation zusätzlicher Messstellen sowie die großflächige Onlineanbindung der Regelanlagen der Kunden. Dieses Vorgehen ist allerdings mit erheblichem finanziellem und organisatorischem Aufwand verbunden. Im Zuge des Projektes soll daher ermittelt werden, wie mit möglichst wenigen Messstellen ein möglichst aussagekräftiges Bild des Netztes gewonnen werden kann. Hierzu gehört die optimale Platzierung der Sensoren sowie die Entwicklung neuer Algorithmen zur Schätzung des Netzzustandes. Der Focus liegt hierbei auf probabilistischen Verfahren, welche zusätzlich zu den Schätzwerten auch Unsicherheitsinformationen liefern und dadurch robuste Betriebsentscheidungen ermöglichen.
Bereits heute werden nicht alle Betriebsentscheidungen vom Netzbetreiber allein getroffen. Auch die variable Abnahme der Kunden beeinflusst den Netzzustand. Im Wärmenetz der Zukunft wird der Einfluss der Kunden durch eigenständige Speicherbetreiber sowie flexible Erzeuger und Verbraucher stark weiterwachsen. Umso wichtiger wird es sicherzustellen, dass sich alle Beteiligten auf ein netzverträgliches Verhalten einigen. Im Projekt EnEff:Wärme – MeFlexWärme wird eine lokale Handelsplattform entwickelt, welche Anreize für ein entsprechendes Verhalten schafft. Hierzu wird untersucht, wie die Gebote für diese Handelsplattform aussehen können und nach welchen Algorithmen daraus Handelspreise ermittelt werden. Zudem wird untersucht, wie sich klassische Verbraucher, Speicherbetreuter und Prosumer über automatische Agenten am Handel beteiligen können, wobei jeweils die Unterschiedlichen Randbedingungen der einzelnen Akteure berücksichtigt werden müssen. Eine weitegehende Fragestellung wird die Verknüpfung dieser Handelsplattform mit dem Elektrizitätsmarkt sein.
Viele Fragen der Zustandsschätzung („Was ist mein wahrscheinlichster Netzzustand?“) aber auch des Handels im Wärmenetz („Welches Gebot maximiert den erwarteten Gewinn?“) oder des Betriebs („Welche Regelwerte für Pumpen und Ventile minimieren die Netzverluste?“) fallen in den Bereich der mathematischen Optimierung. Für die Beschreibung der Probleme spielen nichtlineare Gleichungen (z.B. zur Beschreibung des Wärmenetzes) sowie nichtstetige Entscheidungen (z.B. Pumpe an/aus) eine entscheidende Rolle. Entsprechend werden die Probleme in Form von sehr großen Mixed Integer Nonlinear Programms (MINLP) beschrieben, welche schwer zu optimieren sind. Im Zuge des Projekts werden daher spezielle Tools entwickelt, um diese MINLP in Bezug auf Wärmenetze effizient lösen zu können. Der Focus liegt dabei insbesondere auf der sachgerechten Behandlung des zeitlichen Temperaturverlaufs und der Einbindung von Speichern, sowie einer adäquaten Beschreibung der Pumpenkennlinien.
Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz(BMWK).
Dauer: 01/2020-12/2023
Partner: Technische Universität Darmstadt (Leitung), Siemens AG, Entega AG.
Beteiligte Fachgebiete an der TU Darmstadt: AG Optimierung, EINS, MMES, PTW, TTD